11
August
2013

Bundesverfassungsgericht bricht der Meinungsfreiheit Bahnen

Presseerklärung Flüchtlingsrat Brandenburg:

„Denkzettel für strukturellen und systeminternen Rassismus an das Rechtsamt der Stadt Brandenburg“ des Flüchtlingsrats fällt unter die Meinungsfreiheit

Der Flüchtlingsrat Brandenburg hatte anlässlich des Antirassismustages 2010 einen „Denkzettel für strukturellen und systeminternen Rassismus“ an das Rechtsamt der Stadt Brandenburg an der Havel verliehen. Mit dem Denkzettel kritisierte der Flüchtlingsrat, dass eine Sachbearbeiterin der Behörde einem Flüchtling wider besseres Wissen eine Vortäuschung seiner fachärztlich bescheinigten Gehörlosigkeit unterstellte und so seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ablehnte.

Die Sachbearbeiterin des Rechtsamt Brandenburg zeigte daraufhin die Verantwortlichen des Flüchtlingsrats wegen übler Nachrede an. Im März 2012 verurteilte das Amtsgericht Potsdam zwei Mitarbeiter des Flüchtlingsrates wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung wurde vom Landgericht Potsdam wegen „offensichtlicher Unbegründetheit“ nicht zur Entscheidung angenommen.

Das Bundesverfassungsgericht hob mit seinem heute veröffentlichten Beschluss diese Verurteilung auf. Es stellte fest, dass die gerichtlichen Entscheidungen die Mitarbeiter des Flüchtlingsrats in ihrem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung verletzen. Zur Begründung führte das Verfassungsgericht aus, dass die Gerichte den Schutzgehalt des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung zu Unrecht verkürzt hätten. Gerade das Recht, behördliche Maßnahmen ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen auch scharf kritisieren zu können, gehöre zum Kernbereich der Meinungsfreiheit.

„Ich bin sehr froh über diese klare Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, weil damit die Versuche seitens der Vertreter der Stadt Brandenburg und der Potsdamer Gerichte, uns mundtot zu machen, unterbunden worden sind“, so Harald G., einer der Beschwerdeführer.

Für den Flüchtlingsrat, der sich u.a. als Lobbyorganisation für die Interessen von Flüchtlingen versteht und sich mit diesem Selbstverständnis gegen diskriminierende und menschenunwürdige Zustände und Praktiken gegenüber Flüchtlingen engagiert, sind die Verleihungen des Denkzettels eine wichtige Möglichkeit, öffentlich auf unhaltbare Zustände aufmerksam zu machen.

Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates Regina Götz: „Immer wieder sind insbesondere Flüchtlinge mit staatlichem Rassismus konfrontiert, wie auch das aktuelle Beispiel der Äußerungen von Richterin Petzoldt am Amtsgericht Eisenhüttenstadt zeigt. Dass uns das Bundesverfassungsgericht nun in unserer Arbeit stärkt und der Kriminalisierung unserer Tätigkeit entschieden entgegen tritt, ist für die gesellschaftspolitische Arbeit gegen strukturellen Rassismus von erheblicher Bedeutung.“

Jetzt kommentieren Autor: Kerstin 11.08.2013 14:11
08
August
2013

Unerbittlich: Bayern will keine Aufnahme syrischer Flüchtlinge

Pressemitteilung Bayerischer Flüchtlingsrat

Bayern und andere unionsgeführte Bundesländer verweigern zügige Aufnahme von Familienangehörigen in Deutschland lebender Syrer

Wie aus einer Antwort auf eine Bundestagsanfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke (DIE LINKE) vom Mittwoch den 07.08.2013 hervorgeht, spricht Bayern sich gegen eine zügige Aufnahme syrischer Flüchtlinge durch ihre in Deutschland lebenden Angehörigen aus. Neben der von der Bundesregierung zugesicherten Aufnahme von 5000 Syrern, wurden den Bundesländern eigene Aufnahmeprogramme für Familienangehörige ermöglicht. Ein solches lehnt Bayern zum derzeitigen Zeitpunkt jedoch ab. Damit ist es in Bayern lebenden Syrern unmöglich, ihre Verwandten zu sich zu holen und so vor dem blutigen Bürgerkrieg und dem Elend in den Nachbarstaaten zu schützen. Nicht einmal die Aufnahme in den eigenen Wohnräumen, welche den Freistaat keinen Cent kostet, wurde auf den Weg gebracht.

Die Angst der Syrer in Deutschland um ihre Verwandten wächst währenddessen täglich. Erst am Montag machte ein aus Syrien geflüchteter Mann in München mit einer Verzweiflungstat auf seine ausweglose Situation aufmerksam. Er stieg auf einen Kran und drohte herunter zu springen, sollte er seine Frau und Kinder nicht zu sich holen dürfen. Erst nach 17 Stunden endete das Drama, nachdem der Mann von dem Kran geholt worden war.

„Während des Bosnienkrieges wurde die Aufnahme von Flüchtlingen durch Familienangehörigen und Kirchengemeinden unbürokratisch ermöglicht, tausende konnten so vor Krieg und Verfolgung geschützt werden.“ erklärt Tobias Klaus vom Bayerischen Flüchtlingsrat. „Dass Bayerns Innenminister Herrmann ein solches Aufnahmeprogramm für Syrer verweigert, ist zynisch und menschenverachtend. Es ist ein Schlag ins Gesicht für alle deutschen und syrischen Staatsangehörigen, die in panischer Angst um ihre Angehörigen sind. Wir fordern ein sofortiges unbürokratisches Aufnahmeprogramm, auch für diejenigen, die nicht genug Geld haben alleine für alle Kosten aufzukommen.

Jetzt kommentieren Autor: Kerstin 08.08.2013 22:53
08
August
2013

Wer Schutz braucht, wird mit Haft bestraft (FR 08.08.13)

Flüchtlingsrechte sind in vielen EU-Staaten Fehlanzeige
Von Ursula Rüssmann

Es ist immerhin ein kleines Happy End im jüngsten Flüchtlingsdrama vor Malta, dass die gut 100 Betroffenen in Italien an Land gehen durften. Aber es wird für sie allenfalls ein vorläufiges sein, denn Italien, das ist amtlich durch zahlreiche Gerichtsurteile, behandelt Flüchtlinge so schlecht, dass es kaum noch zu toppen ist: Von „systematischen“Mängeln im Asylverfahren ist die Rede, von Massenobdachlosigkeit Asylsuchender, schlicht von „unmenschlicher Behandlung“. Italien steht damit nicht allein in der EU.
Die Horrorzustände an den Außengrenzen haben System– obwohl sie eklatant gegen die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Malta wurde gerade im Juli vom Europäischen Menschenrechts-Gerichtshof (EGMR) verurteilt, weil die Behörden des Landes eine somalische Flüchtlingsfrau 18 Monate unter übelsten Bedingungen
inhaftiert hatten. Die Frau war schwanger gewesen, als die Niederlande sie Anfang 2011 nach Malta schickten – sie verlor im Haftlager ihr Kind. Per einstweiliger Verfügung hinderte der EGMR ebenfalls im Juli Maltas Behörden daran, Hunderte gerade gestrandete Bootsflüchtlinge gleich per Charterflug nach Libyen zurück zu expedieren. Auch Zypern verdonnerte der EGMR zu Entschädigungszahlungen: Der Inselstaat hatte einen syrischen Kurden in das Bürgerkriegsland zurückschieben wollen, ihn zu Unrecht inhaftiert und ihm Rechtsschutz verweigert.
Damit ist die Horror-Liste noch nicht zu Ende. Ungarn, so warnt das UN-Flüchtlingskommissariat, sperrt Asylbewerber monatelang ein – wenn es sich um Familien mit Kindern handelt, immerhin noch 30 Tage. Abschiebehaft dauert noch länger. Flüchtlinge würden wie Verbrecher behandelt und in Handschellen zur Anhörung vorgeführt, einige beklagten außerdem, durch systematisch verabreichte Beruhigungsmittel abhängig geworden zu sein. Budapest schiebt Flüchtlinge außerdem ohne Verfahren nach Serbien ab, wo es so gut wie keinen Asylschutz gibt. Griechenland versucht, ähnlich wie Malta und Italien, mit allen Mitteln zu verhindern, dass Flüchtlinge seine Grenzen passieren. Amnesty International dokumentierte im Juli 39 Fälle, in denen Menschen in der Ägäis oder auf dem Grenzfluss Evros gestoppt und auf die türkische Seite zurückgedrängt wurden. So habe die Küstenwache aus dem Boot eines 17-jährigen Afghanen und seiner kleinen Geschwister den Motor abmontiert und sie hilflos treiben lassen, bis sie von türkischen Kräften festgenommen wurden.

Rund 300 Todesopfer, schätzt Pro Asyl, hat diese Politik seit Mitte 2012 gefordert. Die deutsche Bundesregierung musste erst im Dezember den Rückführungsstopp von Flüchtlingen nach Griechenland um ein Jahr verlängern, weil sich an den krassen Menschenrechtsverstößen im Land nichts geändert hat. Amnesty und Pro Asyl prangern unter anderem monate-, teils jahrelange Inhaftierungen von Flüchtlingen an, „darunter auch Kinder“, so Amnesty. Vordergründig könnte man den hohen Zuzugsdruck an den EU-Außengrenzen verantwortlich machen für die unmenschliche Härte Maltas, Griechenlands, Italiens und Ungarns: Allein in Malta strandeten 2013 bereits 1000 Flüchtlinge, in Italien knapp 8000, in Griechenland 6000. Tatsächlich liegt die Wurzel aber im Dublin-II-System der europäischen Asylpolitik. Laut Dublin II muss der EU-Staat ein Asylverfahren durchführen, in dem ein
Flüchtling erstmals EU-Boden betritt. Das nutzen die EU-Binnenstaaten eifrig, Flüchtlinge in diese Staaten zurückzuschicken – und belasten sie damit noch mehr.

Ganz vorn mischt Deutschland mit, wenn es ums Rückschieben geht, Tendenz steigend. Je 3000 Dublin-II-Rückführungen verzeichnet die Statistik des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für 2011 und 2012. In diesem Jahr, fürchtet Karl Kopp, Europa-Experte von Pro Asyl, werden es viel mehr sein: Schon bis Ende Juni schickte Berlin 2300 Menschen in andere EU-Staaten zurück, weil die zuständig seien. Bisher war Italien Hauptzielland deutscher Rückführungen, aber häufiger versperren Gerichte den Weg dorthin. So waren 2013 erstmals über Polen eingereiste Flüchtlinge die größte Gruppe, die zurückgeschickt wurde: insgesamt 700 Menschen, damit fast doppelt so viele wie insgesamt in 2012, und vor allem tschetschenische Russland-Flüchtlinge. So antwortet das Bundesamt auf die stark gestiegenen Flüchtingszahlen aus Russland – ohne sich mit der Verfolgungslage in Tschetschenien befassen zu müssen. Pro-Asyl-Mann Kopp verurteilt diese Politik: „Die Menschen werden zurückgeschickt, ohne ihre Fluchtgründe hier zu prüfen.“ Gerade tschetschenische Frauen seien aber häufig schwer traumatisiert und könnten in Polen nicht versorgt werden. Erste Gerichtsurteile bemängeln inzwischen, dass auch in Polen Asylbewerber oft inhaftiert und dort schikanös behandelt werden.

Jetzt kommentieren Autor: Volker (gelöscht) 08.08.2013 09:29
31
Juli
2013

Testen eines Online-Forums

Ich finde es gut, dass wir die kommunikativen und technischen Möglichkeiten ausloten, um zu sehen, ob das ein Mittel sein kann, zusätzlich zu den „Real-Life“-Treffen Meinungen auszutauschen.

Damit alle die Möglichkeit haben, das Forum zu nutzen, werde ich einen Link auf der Website zur Adresse des Forums aktivieren.

1 Kommentar Autor: Volker (gelöscht) 31.07.2013 18:49

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